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Silberschleier am sommerlichen Nachthimmel - Leuchtende Nachtwolken

Leuchtende Nachtwolken

Silberschleier am sommerlichen Nachthimmel

Leuchtende Nachtwolken vor gelb-blauen Nachthimmel
Inhalt

Bei Leuchtenden Nachtwolken handelt es sich um silbrig-weiße dünne Wolken, die in manchen Sommernächten in Nordrichtung am Horizont zu beobachten sind. Sie bestehen aus Eiskristallen und entstehen in 80 bis 85 Kilometer Höhe. Ihr Entstehungsprozess ist noch nicht vollständig geklärt.

Was sind Leuchtende Nachtwolken?

Wie entstehen leuchtende Nachtwolken? (Infografik) Das Licht der Sonne wird von den Leuchtenden Nachtwolken noch reflektiert. Das passiert nur kurz nach Sonnenuntergang oder kurz vor Sonnenaufgang.

Leuchtende Nachtwolken sind Eiskristalle in extremer Höhe, die sich in Schlieren, Fäden und Wellen zusammenballen. Die auch als Noctilucent Clouds (NLC) bezeichneten Wolken befinden sich in einer Höhe von über 80 Kilometern, also oberhalb der Mesosphäre in der Mesopause. In der Zeit zur Sommersonnenwende wird dort mit unter minus 100 Grad das absolute Temperaturminimum der Erdatmosphäre erreicht. Im Gegensatz zu den atmosphärischen Wolken, die maximal in einer Höhe von 13 Kilometer schweben, werden Leuchtende Nachtwolken auch nachts noch lange Zeit von der Sonne angestrahlt.

Silbrig-weiße Fäden am sommerlichen Abendhimmel

Leuchtende Nachtwolken über Erfurt Silbrig-weiße Schleier überziehen den Himmel über Erfurt. Ihr Leuchten rührt vom Sonnenlicht her: Während unten schon oder noch die Nacht regiert, steht die Sonne in hohen Schichten der Atmosphäre noch über dem Horizont. Bild: André Bock

Mit etwas Glück können Nachtschwärmer in der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juli Leuchtende Nachtwolken am Nordhorizont beobachten. Da die Sonne schon weit genug unter dem Horizont steht, heben sich die feinen silbrig schimmernden Fäden und Schleier hell von den tieferen, dunkleren Wolken ab. Dies ist in den späten Abend- und frühen Morgenstunden der Fall, wenn die Sonne zwischen 6° und 16° unter den Horizont sinkt.

Wie entstehen Leuchtende Nachtwolken?

Leuchtende Nachtwolken in klarer Sommernacht In klaren Juninächten wird es in Norddeutschland nie richtig dunkel. Am Nordhorizont bleibt manchmal ein heller Schimmer sichtbar. Bild: Christian Kranich

Damit Leuchtende Nachtwolken entstehen, muss die Temperatur der Mesopause sehr niedrig sein. Ähnlich wie manche Wolken in der unteren Atmosphäre bestehen auch die Leuchtenden Nachtwolken aus gefrorenem Wasser. Damit sich in einer Höhe von über 80 Kilometern bei einer sehr niedrigen Wasserdampfkonzentration überhaupt Eis bilden kann, muss die Temperatur dort auf unter minus 100 Grad absinken. Messungen zufolge ist dies nur zwischen Mitte Mai und Mitte August der Fall.

Im Sommer wehen in der oberen Atmosphäre manchmal starke Winde, die die Eiskristalle über größere Entfernungen transportieren. Einzelne Eisteilchen verweilen jedoch nur wenige Stunden in der Mesopause, bis sie zum Beispiel durch Absinken wieder sublimieren, das heißt die Eisteilchen gehen vom festen in den gasförmigen Zustand über. Daher ändern die silbrigen Schleier oft ihre Form.

Video: Silbrig leuchtende Fäden

Leuchtende Nachtwolken durch chemische Prozesse

Steigt Methan in die Höhe, wird das Gas (chemische Formel: CH4) von starker Sonnenstrahlung regelrecht zerrissen. Die Wasserstoffteilchen (H) verbinden sich mit Sauerstoff (O2) zu Wasser (H2O), das dann bei Temperaturen bis minus 140 Grad zu Eiskristallen gefriert. Forscher haben zunächst angenommen, dass Leuchtende Nachtwolken bevorzugt dann auftauchen, wenn die Aktivität der Sonne gering ist. Denn in Phasen mit hoher Aktivität heizt sich die obere Atmosphäre zu stark auf. Die Veränderung der UV-Strahlung beeinflusst zudem die chemischen Reaktionen in der Hochatmosphäre. Doch dieser Einfluss ist, wie sich inzwischen erwiesen hat, nicht so stark.

Ein weiterer Zusammenhang besteht wahrscheinlich zwischen den Leuchtenden Nachtwolken und den Polaren Mesosphärischen Wolken (PMC). Diese lagern während des gesamten Sommers über den Polen. Sofern sich die Polaren Mesosphärischen Wolken südwärts ausbreiten, könnten Leuchtende Nachtwolken auch "ausgefranste" Enden der PMC-Decke sein. Forscher sind noch dabei, dieses Rätsel zu lösen.

Sind Meteore und Raketenstarts mitverantwortlich?

Abgase von Raketenstart im blauen Himmel Eine Rakete hebt vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida ab. Deutlich ist die Rauchfahne der Rakete am Abendhimmel sichtbar. Reichern sich derlei Abgase in den oberen Luftschichten an, können sie zur Bildung Leuchtender Nachtwolken beitragen. - Bild: NASA

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Leuchtenden Nachtwolken und den Abgasen von Raketenstarts der Raumfahrt gibt. Raketen verbrennen beim Start eine enorme Menge Treibstoff innerhalb von sehr kurzer Zeit. Dabei wird neben Abgasen auch eine riesige Menge Wasserdampf freigesetzt. Dieser Wasserdampf lagert sich in den oberen Schichten der Atmosphäre nach und nach an.

Zusätzlich gelangen auch Rußteilchen in die oberen Luftschichten, die wiederum als Kondensations- bzw. als Gefrierkerne für Eiskristalle dienen. Das Ergebnis: Leuchtende Nachtwolken bilden sich deutlich leichter, da mehr Luftfeuchte und Aerosole zur Verfügung stehen.

Lichtphänomen am Nachthimmel

Da es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauert, bis die Abgase dieser Raketen aus den oberen Luftschichten verschwinden, wird die Konzentration von Wasserdampf und Ruß in den oberen Luftschichten weiter ansteigen. Sollten die Forscher Recht behalten, wird man also in den kommenden Jahren immer häufiger Leuchtende Nachtwolken in klaren Sommernächten bestaunen können.

Ebenso wird darüber diskutiert, ob sich die Eiskristalle Leuchtender Nachtwolken auch an Partikeln verglühter Meteore anlagern.

Klimawandel begünstigt Leuchtende Nachtwolken

Leuchtende Nachtwolken über Irland Der Höhenwind verweht die langen blau-grauen Fäden über Irland in Waben und Wellen. Bild: @jeremygadd / Twitter

Das Wetterphänomen der Leuchtenden Nachtwolken ist im Sommer immer häufiger zu beobachten. Ihre Zunahme werten die Forscher in einer Studie als Beleg, dass der Klimawandel auch am Rand der Erdatmosphäre Auswirkungen hat.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass trotz des steigenden Kohlendioxidgehalts in der unteren Atmosphäre und der damit verbundenen Erderwärmung die Mesosphäre kälter und dünner wird.

Die Troposphäre wirkt wie eine Art isolierende Wärmedecke und lässt weniger Wärme in höhere Schichten aufsteigen. Dadurch kühlen sich Stratosphäre und Mesosphäre ab. Demnach hat die Temperatur der sommerlichen Mesosphäre in den letzten knapp 30 Jahren um ein bis zwei Grad pro Jahrzehnt abgenommen.

Leuchtende Nachtwolken über Chile Astronauten der Internationalen Raumstation (ISS) haben Leuchtende Nachtwolken über Südchile mit der Kamera festgehalten. Rund um die Wintersonnenwende sind diese Wolken auf der Südhalbkugel zu sehen. - Bild: Nasa / KEPLER ISS

Hinzu kommen periodische Schwankungen durch den Sonnenzyklus, die die Abkühlung verstärken oder abschwächen können. Nur an der Obergrenze der Mesosphäre ist der Temperaturtrend nicht erkennbar, die Gründe dafür sind noch unbekannt.

Ein zweiter Effekt ist ebenfalls zu beobachten: Durch die Abkühlung zieht sich die Mesosphäre stärker zusammen. Als Folge verliert die Obergrenze dieser Schicht an Höhe. Sie schrumpft pro Jahrzehnt um 150 bis 200 Meter, wie Satellitenmessungen bestätigen.

Der NASA-Satellit AIM (Aeronomy of Ice in the Mesosphere) beobachtet die Leuchtenden Nachtwolken. Hier eine Aufnahme vom 15. Juni 2021: Der NASA-Satellit AIM (Aeronomy of Ice in the Mesosphere) beobachtet die Leuchtenden Nachtwolken. Die Farben zeigen die Rückstrahlkraft der Eiskristalle an. Je heller die Farbe ist, desto mehr Licht wird durch die Wolken reflektiert - Bild: Nasa / AIM

Gleichzeitig steigt der Wassergehalt. Hierfür ist vor allem der menschengemachte Methan-Eintrag in die Atmosphäre verantwortlich. Das Treibhausgas Methan reagiert mit Sauerstoff unter anderem zu Ozon, Kohlendioxid und Wasser.

Möglicherweise können diese Effekte erklären, warum vermehrt Leuchtende Nachtwolken auftauchen. Sie kommen in den vergangenen Jahrzehnten häufiger, früher und weiter südlich vor als zuvor.

Die beste Zeit Silberfäden zu beobachten

Leuchtende Nachtwolken sind vorwiegend nur zwischen dem 47. und 60. Breitengrad sichtbar, das entspricht etwa der Lage von München im Süden und Oslo im Norden. Je näher der Beobachter an einem Ort, der am 60. Breitengrad liegt, desto größer sind die Chancen NLC zu beobachten. Außerdem muss die Sonne bereits untergegangen sein, damit sie die Wolken über dem Horizont von unten anstrahlen kann.

Die besten Beobachtungszeiten bestehen in unseren Breiten im Juni und Juli zwischen 22 bis 23 Uhr oder morgens in der ersten Dämmerung von etwa 3 bis 4 Uhr.

Die meisten Sichtungen in Mitteleuropa gibt es von Anfang Juni bis Mitte Juli (also in den Monaten um die Sommersonnenwende) in der Dämmerung Richtung Norden. Bei uns erreichen sie eine Höhe von etwa 20° über dem nordwestlichen bis nordöstlichen Horizont. In Ausnahmefällen breiten sie sich aber auch in unseren Breiten bis in Zenitnähe aus.

So fotografieren Sie Leuchtende Nachtwolken

Leuchtende Nachtwolken Fotografie Tipps Foto Leuchtende Nachtwolken spiegeln sich im Wasser bei Kiel. - Bild: Carsten Jonas

WetterFotograf gibt Tipps zum Fotografieren von Leuchtenden Nachtwolken

Leuchtende Nachtwolken sind ein besonderes Fotomotiv: Sie sind nur sporadisch und nur für einen kurzen Zeitraum am Himmel über Mitteleuropa sichtbar. „Die Wolken erscheinen erst zum Ende der sogenannten Blauen Stunde, der Zeit nach dem Sonnenuntergang.

Daher ist eine längere Belichtungszeit notwendig. In der Dunkelheit lässt sich kaum noch mit einem Autofokus arbeiten, daher rate ich, das Bild manuell scharf zu stellen“, erklärt Dennis Oswald, Meteorologe und WetterFotograf von WetterOnline.

Leuchtende Nachtwolken Fotografie Tipps Foto Ein gelungenes Foto zeichnet sich auch durch eine für den Betrachter angenehme Bildaufteilung aus. Hier wurden die Bäume, die Kapelle und die Straße bestens mit dem Himmel kombiniert. - Bild: Björn Goldhausen

„Achten Sie dabei auf eine möglichst offene Blende, damit genug Licht auf den Sensor der Kamera trifft. Nützlich ist auch das WetterRadar von WetterOnline. Damit lassen sich Wolkenlücken gut erkennen und die Jagd nach den Leuchtenden Nachtwolken ist viel einfacher“, sagt Dennis Oswald.

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Wie jedes Jahr tauchen in den hellen Sommernächten mit etwas Glück Silberschleier am Nordhimmel auf. In dieser Fotostrecke verrät unser WetterFotograf Dennis Oswald, wie Sie die Leuchtenden Nachtwolken am besten fotografieren.

Ausrüstungstipps

Für das Fotografieren von Leuchtenden Nachtwolken empfiehlt sich die folgende Ausrüstung:

  • Weitwinkelobjektiv

  • Fernauslöser

  • Stativ

  • Handy mit der WetterOnline App (WetterRadar)

Ein Stativ und ein Fernauslöser helfen nicht nur gegen Verwackelungen bei längeren Belichtungszeiten, sie unterstützen auch die Konzentration. So minimieren sich technische Fehler und die Bilder werden besser.

Leuchtende Nachtwolken in Europa

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Leuchtende Silberschleier haben am Sonntagabend in weiten Landesteilen den frühen Nachthimmel verzaubert. Hierbei handelt es sich um leuchtende Nachtwolken. Erste helle silbrige Schleier tauchen wie hier bei Freiberg in Sachsen kurz nach Sonnenuntergang am Himmel auf. Bild: Lukas Häuser
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