WetterOnline ( https://www.wetteronline.de )
Startseite / WetterNews /

Nordatlantik mit Temperaturrekord - Ist El Niño schuld?

12:31
15. Juni 2023

Ist El Niño schuld?
Temperaturrekord im Nordatlantik

Der Atlantik ist so warm wie nie zuvor.

Der Atlantik ist derzeit so warm wie noch nie zu dieser Jahreszeit seit Messbeginn. Verantwortlich dafür sind veränderte Windverhältnisse in der Atmosphäre. Auch El Niño könnte dabei eine Rolle spielen.

Die Meeresoberflächentemperaturen im Nordatlantik sind derzeit auf einem frühsommerlichen Rekordniveau. Am 11. Juni erreichten sie einen Höchstwert von 22,7 Grad und lagen damit ein halbes Grad über dem bisherigen Höchstwert vom Juni 2010. Das ergab eine Studie der University of Maine. Die Daten reichen bis ins Jahr 1981 zurück.

Teilweise wurden sogar Wassertemperaturen gemessen, die bis zu drei Grad über dem Durchschnitt lagen, wie zum Beispiel rund um Fuerteventura. Schon seit dem Frühjahr beobachten die Forscher ein unerwartetes Temperaturverhalten des Atlantiks. In den letzten Wochen haben sich die Anomalien verstärkt.

Eine Ursache: Schwächere Passate

Die Ursachen der beobachteten Phänomene sind vielfältig. Einige Forscher gehen davon aus, dass sich mehrere Faktoren überlagern. Hauptursache sind wahrscheinlich veränderte Windverhältnisse in der Atmosphäre.

Schon seit Längerem wird beobachtet, dass sich das Azorenhoch nicht an seinem angestammten Platz befindet, sondern nach Nordosten verschoben ist. Dies wiederum führt zu einer deutlichen Abschwächung der Passatwinde.

Die Passatwinde nördlich und südlich des ÄquatorsDie Passatzirkulation und die Passatwinde sind der Teil der allgemeinen Zirkulation der Atmosphäre, der zwischen 30°Nord und 30°Süd wirksam ist.

Dadurch wird das oberflächennahe Wasser nicht mehr ausreichend durchmischt. Außerdem können die schwächeren Passatwinde das warme Wasser nicht mehr von der Westküste Afrikas wegtreiben, so dass kein kühles Wasser aus der Tiefe aufsteigen kann.

Auswirkungen von El Niño?

Die veränderten Windmuster können jedoch auch mit dem beginnenden El Niño im Zentralpazifik zusammenhängen. Wie sich dieser auf den Atlantik auswirkt, ist noch Gegenstand der Forschung.

Bei El Niño ist zunächst der tropische Pazifik betroffen. Dabei sammelt sich ungewöhnlich warmes Wasser im Zentralpazifik und vor der Küste Südamerikas. Dies löst unter anderem rund um den Pazifik Wetterkapriolen aus.

El Niño führt aber auch zu höheren Temperaturen in der Atmosphäre. Außerdem werden die Passatwinde im Pazifik deutlich abgeschwächt. Dies könnte auch schwächere Passatwinde über dem Atlantik nach sich ziehen, wie die Forscher vermuten.

Weniger Saharastaub - Weniger Kühlung

Normalerweise tragen Passatwinde aus der Sahara viel Staub über den subtropischen Atlantik bis in die Karibik. Er düngt nicht nur die Wälder auf der anderen Seite des Ozeans, sondern kühlt auch das Meer, weil die Staubpartikel viel Sonnenlicht reflektieren.

Allerdings wird seit Wochen nur wenig Saharastaub nach Westen transportiert. Dadurch ist die Sonneneinstrahlung höher und das Wasser kann sich stärker erwärmen.

Klimawandel und Aerosole

Der globale Klimawandel trägt ebenfalls zur Erwärmung der Weltmeere bei. 90 Prozent der Energie, die durch die zusätzlichen Treibhausgase gebunden wird, sammelt sich in den oberen Meeresschichten und erwärmt diese - bisher um etwa 0,9 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Außerdem kommt noch ein weiterer Effekt hinzu. Bisher haben Schwefelemissionen der Schiffe auf dem Atlantik für eine Abkühlung gesorgt. Schwefel bildet in der Atmosphäre Aerosole, die einen Teil des Sonnenlichts reflektieren. Dieser Teil konnte folglich nicht zur Erwärmung des Ozeans beitragen.

Der Schwefelanteil im Schiffstreibstoff wurde in den letzten Jahren jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben zum Umweltschutz erheblich reduziert. Damit hat allerdings auch sein Kühleffekt für das Meerwasser abgenommen. Auf den stark befahrenen Schifffahrtsrouten im Nordatlantik wirkt sich das besonders deutlich aus.

Mögliche Auswirkungen auf das Wetter in Europa

Generell kann das immer wärmer werdende Wasser im subtropischen Atlantik auch einen Einfluss auf das Wetter bei uns in Europa haben. Durch die höheren Wassertemperaturen verdunstet mehr Wasser und gelangt in die Atmosphäre.

Bei typischen Wetterlagen mit Tiefs über Südwest- und Westeuropa strömt dann sehr feuchte und warme Luft nach Mitteleuropa. Diese ist "explosiv", sodass es zu heftigen Gewittern und Regengüssen kommen kann.

Link zu dieser Seite / Seite empfehlen
Seite per E-Mail empfehlen Mail

Das Wetter in ...