Außergewöhnlich früh hat in der Antarktis extreme Kälte Einzug gehalten. Bereits seit Anfang des Monats werden an der Forschungsstation Wostok am Kältepol der Erde Tiefsttemperaturen von fast minus 75 Grad gemessen.
In der Antarktis hat mit Einbruch der Polarnacht rund um den Südpol der Winter begonnen. Außergewöhnlich früh setzte dabei schon Anfang Mai extreme Kälte ein. So wurden an der russischen Forschungsstation Wostok bereits am 4. Mai knapp minus 75 Grad gemessen. Aktuell, am 12. Mai, sind es sogar minus 76,4 Grad, ein neuer Kälterekord für den noch jungen Winter.
Am 12. Mai sank die Temperatur an der Forschungsstation Wostok auf der Antarktis auf den bisherigen Rekordwert dieses Winters von minus 76,4 Grad. Wostok gilt als Kältepol der Erde.
Aber auch die Höchstwerte blieben bei Wostok zuletzt meist unter minus 70 Grad. Das ist für Mitte Mai schon sehr beachtlich, denn jahreszeitlich gesehen ist erst Spätherbst, wie auf der Nordhalbkugel der Erde Mitte November. In den nächsten Tagen wird es vorübergehend etwas milder, aber die tiefe Kälte kehrt rasch wieder zurück.
Üblicherweise wird die größte Kälte in der Antarktis erst Ende Juli und Anfang August erreicht. Bis dahin bleiben also noch gut zweieinhalb Monate, in denen der Kontinent weiter auskühlen kann. Die tiefste jemals an der Station gemessene Temperatur wurde am 21. Juli 1983 mit minus 89,2 Grad registriert. Dies ist auch der tiefste jemals auf der Erde gemessene Wert.
In der sechs Monate dauernden Polarnacht sinken die Temperaturen im eisigen Hochland der Antarktis oft unter minus 70 und manchmal sogar unter minus 80 Grad.
Die aktuelle Kälte auf dem Eiskontinent deutet möglicherweise auf einen kommenden, sehr kalten Hochwinter hin. Zuletzt war es dort im Winter 2021 besonders eisig. Damals wurden die tiefsten Temperaturen seit mehr als 60 Jahren gemessen. Es war der zweitkälteste Winter in der Antarktis seit Beginn systematischer Aufzeichnungen.
Die Station Wostok liegt übrigens nicht am Südpol, sondern knapp 1300 Kilometer davon entfernt. Auch wegen ihrer Höhenlage von fast 3500 Metern werden dort die tiefsten Temperaturen unseres Planeten gemessen. Satellitenmessungen hatten nahe der Station im Juli 2004 sogar Werte bis minus 98,6 Grad registriert, doch diese Daten werden von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) nicht als neuer Kälterekord anerkannt.
Der Grund: Satelliten erfassen nicht die Lufttemperatur, sondern die Oberflächentemperatur des Schnees und sind daher nicht mit den tatsächlich gemessenen Lufttemperaturen in zwei Metern Höhe vergleichbar. In klaren, windstillen Winternächten kann der Temperaturunterschied zwischen zwei Meter Höhe und der Schneeoberfläche selbst bei uns weit über 5 Grad betragen.
Das bedeutet, dass die Temperatur der Schneedecke in Wostok auch zum Zeitpunkt des Rekordwertes von minus 89,2 Grad im Jahre 1983 ohne weiteres nahe an die Minus-100-Grad-Marke hätte heranreichen können, was damals mangels Satelliten aber nicht registriert werden konnte. Auch aus diesem Grund sind die Satellitendaten von 2004 für Vergleichszwecke nicht geeignet.