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Jetstream: Einfluss des Klimawandels - Noch viele Fragezeichen

13:04
14. Mai 2023

Noch viele Fragezeichen
Jetstream: Einfluss des Klimawandels

Der Jetstream: Als Starkwindband in etwa 10 Kilometer Höhe schlängelt er sich um den Globus. Der Jetstream: Als Starkwindband in etwa 10 Kilometer Höhe schlängelt er sich um den Globus. Der Einfluss des Klimawandels auf ihn zeigt noch ein großes Fragezeichen.

Nach Dürresommern oder Flutkatastrophen wurde oft die These aufgestellt, dass ein mit dem Klimawandel schwächelnder Jetstream eine Ursache dafür ist. Wir zeigen, dass es reichlich Zweifel an dieser Darstellung gibt.

Wissenschaft ist spannend, Wissenschaft ist komplex und wissenschaftliche Erkenntnisse führen manchmal zu Diskussionen. Dies ist Teil des wissenschaftlichen Prozesses. In Bezug auf die Tatsache des menschengemachten Klimawandels herrscht unter den Forschenden inzwischen allerdings Einigkeit.

Im Detail bestehen jedoch noch Unklarheiten. Ein Beispiel ist die Frage, wie die globale Erwärmung die atmosphärische Zirkulation beeinflusst. So ist die oft dargestellte Schwächung des Jetstreams nach aktuellstem Kenntnisstand alles andere als sicher.

Hat sich der Jetstream durch den Klimawandel bisher verändert?

Professor Wirth, Atmosphärenphysiker an der Universität Mainz, forscht zum Jetstream. Er sagt: „Veränderungen der atmosphärischen Zirkulation wie dem Jetstream sind schwierig nachweisbar wegen der enormen natürlichen Variabilität.“

Lexikon: Alles zum JetstreamMehr erfahren

Kurzum: Der Jetstream variiert natürlicherweise so stark, dass eine Veränderung aufgrund des Klimawandels schwer nachweisbar ist. Brauchbare Satellitendaten für einen möglichen Nachweis liegen erst seit Ende der 70er Jahre vor. Es gibt Studien, die sprechen für eine Veränderung, andere dagegen.

Wie könnte sich der Klimawandel auf den Jetstream auswirken?

Der Klimawandel hat viele Einflussmöglichkeiten auf den Jetstream. Ein großer Einflussfaktor ist die sogenannte „Arktische Verstärkung“. Aufgrund des abschmelzenden Eises und einer damit verbundenen positiven Rückkopplung erwärmt sich die Arktis deutlich schneller als die Äquatorregion. Der Temperaturgegensatz zwischen Arktis und Äquator nimmt in der unteren Atmosphäre dadurch ab. Dieser dient aber als Antrieb für die atmosphärische Zirkulation.

Im Video fasst Verena Leyendecker die Theorie und die Zweifel daran zusammen:

Vor allem in den 2010er Jahren gab es wissenschaftliche Veröffentlichungen wie von Francis und Vavrus im Jahre 2012, die auf einen Rückgang der Jetgeschwindigkeit aufgrund der Arktischen Verstärkung hindeuteten. Als Folge dieser Abschwächung wurden zwei Hypothesen aufgestellt:

  • Die Wellenberge und -täler des Jets verlagern sich bei einem schwächeren Jet langsamer.

  • Die Wellenberge und -täler des Jets mäandrieren bei einem schwächeren Jet stärker.

Beides hätte aber Folgen für unser Wetter, denn der Jetstream lenkt sozusagen wie eine Autobahn die Hoch- und Tiefdruckgebiete.

Beim Schlingern des Jetstreams entwickeln sich lange Wellen, sogenannte Rossby-Wellen. Tiefdruckgebiete sind  in diese Wellen eingebettet. Beim Schlingern des Jetstreams entwickeln sich lange Wellen, sogenannte Rossby-Wellen. Tiefdruckgebiete sind in diese Wellen eingebettet.

Verlagern sich die Wellenberge nun langsamer, dann verlagern sich mit ihnen auch die Hoch- und Tiefdruckgebiete langsamer. Sie bleiben länger an einer Stelle.

Blockierende Wetterlagen, die zum Beispiel für den Dürresommer 2018 oder für das Hochwasser im Juli 2021 verantwortlich sind, werden nach dieser Theorie wahrscheinlicher.

Darum gibt es Zweifel

Viele Wissenschaftler zweifeln jedoch an einer Schwächung des Jets. So wird zwar in Höhen bis etwa 5000 Meter nach wie vor von einer Abnahme des Temperaturgegensatzes zwischen Arktis und Äquator ausgegangen, in den Höhen darüber allerdings nicht.

Diese Graphik zeigt die zu erwartende Temperaturanomalie nach Breitengrad und Höhe für verschiedene RCP-Klimaszenarien. Diese Grafik zeigt die zu erwartende Temperaturanomalie nach Breitengrad und Höhe für zwei Klimaszenarien. Deutlich ist in der Höhe des Jetstreams (etwa 300 hPa) oberhalb des Äquators eine starke Erwärmung (rot) zu erkennen. - © IPCC 2021 (Figure 4.22)

Aufgrund einer starken Erwärmung in großer Höhe oberhalb des Äquators nimmt der Temperaturgradient in etwa 10 Kilometer Höhe sogar zu. Von dieser Entwicklung geht zum Beispiel auch der Weltklimarat (IPCC) in seinem aktuellsten Bericht aus.

Hintergrund ist, dass die durch den Klimawandel wärmere Luft am Äquator mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Feuchtere Luft kühlt beim Aufsteigen allerdings langsamer ab als trockene. Somit ist es in großer Höhe wärmer.

Schon gewusst?

Es gibt es mehrere Arten von Jetstreams: Den Tropenjet, den Subtropenjet und den Polarfrontjet. In diesem Artikel ist der Polarfrontjet gemeint, da er unser Wetter beeinflusst.

Nun stellt sich die Frage, welcher dieser beiden Effekte den Jetstream dominiert. Davon abgesehen gibt es noch eine Vielzahl anderer Effekte, die Einfluss auf den Jet haben.

Ebenfalls umstritten ist, ob der Jetstream im Falle einer Schwächung wirklich stärker mäandriert. Sogar die Autoren der Studie aus dem Jahr 2012 sehen ihre ursprüngliche Annahme inzwischen kritischer, wie aus einer Veröffentlichung von 2017 hervorgeht.

Das sagen die Klimamodelle

Da es neben dem Temperaturgradienten noch eine Vielzahl von anderen Faktoren gibt, die Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des Jetstreams haben, hilft der Blick auf Klimamodelle. Sie können am ehesten die komplexen Zusammenhänge in der Atmosphäre simulieren, doch auch sie sind nicht eindeutig.

Wie funktionieren Klimamodelle?Mehr erfahren

Professor Ted Shepherd von der Universität Reading forscht anhand von Klimamodellen unter anderem zu den Klimafolgen in der atmosphärischen Zirkulation. Er schreibt: „The bottom line is that there is still considerable uncertainty in how the Jetstream will respond to climate change".

Kurzum, es gibt auch in den Klimamodellen große Unsicherheiten. Andere Forschende sehen das ähnlich und auch im Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates wird dies betont.

Am ehesten wird noch eine Verschiebung des Jetstreams zu den Polen hin erwartet. Diese ist je nach Jahreszeit in der Vergangenheit laut IPCC nachweisbar und wird auch in den Klimamodellen gesehen. Auch dies hätte weitreichende Folgen, da Tiefdruckgebiete nordwärts gelenkt werden.

Fazit

Es gibt viele Theorien, wie sich der Jetstream aufgrund des Klimawandels verändern könnte. Von einem wissenschaftlichen Konsens über sein zukünftiges Verhalten sind wir aber noch weit entfernt. Forschungen werden sicher bald mehr Aufschluss darüber geben. Das alles ändert nichts am von der Wissenschaft klar belegten menschengemachten Klimawandel.

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