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Erdbeben bei Neapel: Sorge vor Vulkanausbruch wächst

17:22
5. Oktober 2023

Erdbeben bei Neapel
Sorge vor Vulkanausbruch wächst

Am Montag hat die Erde im italienischen Neapel gegen 22 Uhr gebebt. In der süditalienischen Region Neapel hat am Montag gegen 22 Uhr die Erde gebebt.

In den "Phlegräischen Feldern" nahe von Neapel hat schon wieder die Erde gebebt. In der Region herrscht seit Wochen starke seismische Aktivität. Das nährt die Sorge vor einem möglicherweise bevorstehenden Vulkanausbruch.

Zum wiederholten Mal hat ein Erdbeben die Region um Neapel in Süditalien erschüttert. Der Erdstoß der Stärke 4,0 ereignete sich am Montagabend in den Phlegräischen Feldern nahe der Stadt Pozzuoli.

Aktive Vulkanregion nahe des Vesuvs

Dabei handelt es sich um eine riesige, aktive Vulkanregion westlich des Vesuvs. Die Phlegräischen Felder gelten zudem als Supervulkan. Solche Vulkane bilden keine Feuerberge, sondern hinterlassen nach großen Eruptionen ein gewaltiges Loch, eine sogenannte Caldera, an der Erdoberfläche.

Die Campi Flegrei bei Neapel, besser bekannt als die Phlegräischen Felder, sind eine große aktive Vulkanregion und liegen westlich des Vesuvs.Die Campi Flegrei bei Neapel, besser bekannt als die Phlegräischen Felder, sind eine große aktive Vulkanregion und liegen westlich des Vesuvs. - © dpa

Solche Calderen bilden sich, wenn sich eine Magmakammer weitgehend entleert hat und der dabei entstandene Hohlraum unter dem Gewicht des Deckgesteins einstürzt. Der Durchmesser der Caldera der Phlegräischen Felder beträgt rund 13 Kilometer. Sie liegt zu zwei Dritteln unter Wasser. Innerhalb dieses Gebietes finden sich rund 50 Krater kleinerer Eruptionen.

In jüngster Zeit kam es im Gebiet um Pozzuoli, etwa 15 Kilometer von Neapel entfernt, vermehrt zu Erdstößen mit Magnituden von 3 und mehr. Erst vergangenen Mittwoch ereignete sich ein Beben der Stärke 4,2. Diese Erdbeben sind bis nach Neapel spürbar.

Zudem wölbt sich der Boden an verschiedenen Stellen in der Region seit Jahren immer weiter auf. Deshalb gilt für das Gebiet seit 2011 die Warnstufe Gelb, die zu erhöhter Vorsicht mahnt. Die Region wird von Vulkanologen engmaschig überwacht.

Wegen der in letzter Zeit immer häufiger wahrnehmbaren Erdbeben wächst bei Menschen im Großraum Neapel die Sorge vor einem möglicherweise bevorstehenden Vulkanausbruch.

FassadeDie immer stärker werdenden Erdstöße haben in der Stadt Pozzuoli bereits zu Gebäudeschäden geführt.

Unser WetterReporter Marco Kaschuba wird im Laufe der Woche vor Ort sein und aus der Region berichten.

Vulkanologe erklärt das Heben und Senken des Bodens

Was das Heben und Senken des Bodens im Bereich der Phlegräischen Felder bedeutet, erklärt der Vulkanologe Giuseppe Di Natale:

  • Die zunehmende Hebung des Bodens deutet auf einen immer höheren inneren Druck unter der Erde hin, der zu immer stärkeren und häufigeren Erdbeben führt.

  • Steigt der Druck weiter, kann er früher oder später von den Gesteinen an der Erdoberfläche nicht mehr getragen werden. Es besteht die Gefahr einer Eruption.

  • Da die Widerstandsgrenze der Gesteine in den obersten drei Kilometern derzeit unbekannt ist, lässt sich das Risiko einer Eruption nicht abschätzen.

Schon gewusst?

Das Heben und Senken der Erdkruste in den Phlegräischen Feldern wird auch "Bradisismo" genannt. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet "langsame Erdbewegung".

Bisher haben die Forscher das Auf und Ab der Phlegräischen Felder auf unterirdische Magmabewegungen zurückgeführt. Wenn Magma aus den tieferen Schichten des Erdinneren unter Pozzuoli aufsteigt, beginnt sich das ganze Gebiet zu heben. Nimmt der Druck des Magmas ab, bildet sich auch die Aufwölbung an der Erdoberfläche zurück und das betroffene Areal sinkt wieder ab.

BooteWo einst Wasser war, liegen die Boote infolge der Bodenhebungen jetzt fast auf dem Trockenen.

Neuere Untersuchungen gehen jedoch davon aus, dass nicht aufsteigendes Magma, sondern vor allem Ausdehnungsprozesse im sogenannten "hydrothermalen System" des Deckgesteins Ursache der aktuellen Erdbewegungen sind. Danach führt die Erhitzung von im Gestein eingeschlossenen und dort verdampfenden Flüssigkeiten, zumeist Wasser, zu steigendem Gasdruck.

Wird dieser zu groß, bricht das Gestein und die Erde bebt. So bahnen sich die unter Druck stehenden Flüssigkeiten und Gase nach und nach einen Weg zur Oberfläche, wo sie austreten und so den Druck entlasten können, ohne dass dabei zwingend auch ein Ausbruch von Magma stattfinden muss. Aber auch Wasserdampferuptionen wären keineswegs ungefährlich.

Druck so stark wie seit Jahrhunderten nicht mehr

Schon im Jahr 1983 war die Aufregung in Pozzuoli groß, als sich die Erde dort um mehr als einen Meter hob. Dieser Zustand hielt mehrere Monate an.

Der Solfatara di Pozzuoli ist ein Krater der vierzig Vulkane, die die Phlegräischen Felder bilden. Solfatara di Pozzuoli ist ein Krater der vierzig Vulkane, die die Phlegräischen Felder bilden. Er liegt etwa 3 Kilometer vom Zentrum der Stadt Pozzuoli entfernt. - © dpa

Er war von Erdbeben begleitet, die zu erheblichen Schäden im Mauerwerk der alten Wohnhäuser im Hafenviertel der Stadt führten. Mehr als 30.000 Menschen mussten damals für mehrere Wochen ihre Wohnungen verlassen, bis sich die Erde wieder beruhigt hatte.

"Heute ist der Bodenspiegel so hoch wie nie zuvor in den letzten Jahrhunderten. Das bedeutet, dass der Innendruck so stark ist wie seit dem letzten Vulkanausbruch des Jahres 1538 nicht mehr", erklärt Experte Di Natale.

Auch die derzeitige Hebung des Untergrundes kann bis zu einem Punkt führen, an dem die Gesteinsschichten den aufbrechenden Kräften nicht mehr standhalten. Im schlimmsten Fall könnte dann eine plötzliche Druckentlastung tatsächlich auch zu einem Vulkanausbruch führen.

Bei einem aktiven Vulkan dringt das Magma bis an die Oberfläche.Bei einem aktiven Vulkan dringt das Magma bis an die Oberfläche. Es muss jedoch nicht als Lava austreten, manchmal spuckt ein Vulkan auch nur vulkanische Gase, Wasserdampf und Asche. Erloschen ist ein Vulkan, wenn durch fehlende Magmazufuhr kein Ausbruch mehr möglich ist.

Ob, wann und wie das geschehen wird, lässt sich jedoch derzeit nicht abschätzen. Es könnte Monate, Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte dauern, bis der Berg eruptiert. Er könnte sich aber auch wieder beruhigen ohne dass es zu einem Ausbruch kommt, die Vulkanologen wissen es nicht.

Umfangreicher Evakuierungsplan

Der italienische Zivilschutz arbeitet deshalb an einem groß angelegten Evakuierungsplan für die dicht besiedelte Region rund um Neapel. Dieser sieht für den Extremfall die Evakuierung von 1,3 Millionen Menschen innerhalb von 72 Stunden im Gebiet um Neapel vor, der größten Metropole Süditaliens.

Die Evakuierung würde vom Heer und dem Zivilschutz koordiniert werden. Binnen drei Tagen sollte dann die Bevölkerung der gesamten Region mit Bahn, Bus und Autos in Sicherheit gebracht werden.

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