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Schmale Schneeschauerstraßen - Lake Effekt

Lake Effekt

Schmale Schneeschauerstraßen

Schneemassen durch Lake Effekt in Flensburg
Inhalt

Unter Lake Effekt versteht man ein Wetterphänomen, das besonders an großen Seen oder Binnenmeeren in den Wintermonaten auftritt und daher zu teils kräftigen Schneefällen in der Nähe der Gewässer führt.

Was ist der Lake Effekt?

Punktuell kommt es an der Ostseeküste und auch an den Ufern anderer Binnenmeere oder großer Seen zu lang anhaltenden und ergiebigen Schneefällen. Diese schmalen Niederschlagsbänder können manchmal Dutzende Kilometer bis ins Landesinnere reichen.

Dieses nur eng begrenzt auftretende Wetterphänomen wird als Lake Effekt bezeichnet. Der Begriff kommt eigentlich aus dem Gebiet der Großen Seen in den USA, wo dieses Wetterphänomen regelmäßig zu beobachten ist.

Der Lake Effekt tritt besonders häufig an den Großen Seen in den USA. Die Stadt Buffalo am Eriesee versinkt in den Schneemassen. Der Lake Effekt tritt besonders häufig an den Großen Seen in den USA auf. Die Stadt Buffalo am Eriesee versinkt manchmal in den Schneemassen. - Bild: Dennis Brown

Oft verursacht das Phänomen intensiven Niederschlag, meist in Form von Schnee. Im Englischen spricht man auch von Snowsquall. Im frühen Winter, wenn extrem kalte Luft über noch recht warme Wasserflächen strömt, entwickeln sich auch starke Gewitterstürme, im Englischen Thunder Snow genannt, die auch Hagelkörner im Gepäck haben können.

Wie viel Schnee binnen eines Tages zusammenkommen kann, zeigt folgende Zeitrafferaufnahme eindrücklich:

Ist die Lufttemperatur nicht niedrig genug, um das Wasser gefroren zu halten, fällt der Niederschlag als Regen. Bei sehr kalter Luft über noch recht warmen Wasserflächen bilden sich mitunter schwere Gewitter.

Der Lake Effekt ist aber auch an der Nordsee oder an anderen Küsten der größeren Meere zu beobachten. Verantwortlich dafür ist dann ein Tiefdruckgebiet über dem Meer, das feuchte und instabile Luftmassen oft entgegen der vorherrschenden Windrichtung auf die Küstengebiete lenkt. Allerdings bevorzugt man in diesem Fall den Begriff Ocean Effect Snow.

Wie funktioniert der Lake Effekt?

Voraussetzung für den Lake Effekt ist ein kräftiger kalter Wind, der einen langen Weg über vergleichsweise warmes Wasser zurücklegt. An der Wasseroberfläche erwärmt sich die kalte Luft und nimmt Feuchtigkeit auf. Warme Luft ist leichter als kalte Luft und steigt deswegen auf. Beim Aufstieg kühlt sich die wärmere Luft dann wieder ab.

Die kalte Luft nimmt so große Mengen an Feuchtigkeit auf, die in mächtigen Schauerwolken auskondensiert und schließlich als Schnee ausfällt.

Unterstützt wird die Wolkenbildung durch sehr kalte Luft in höheren Luftschichten. Liegen die Temperaturen bei etwa minus 35 bis minus 40 Grad, erfährt die Luft einen noch stärkeren Antrieb zum Aufsteigen.

Langgestreckte Schauerketten

Mit einem auflandigen Wind erreichen die Schauer das Küstenumfeld. Von dort ausgehend ziehen Schauerstraßen dann bis weit in das Binnenland hinein. Die langgestreckten und schmalen Schauerketten ziehen immer wieder über die gleichen Regionen und lassen dort daher viel Schnee zurück.

Teilweise fallen mehrere, manchmal sogar mehr als 10 Zentimeter Schnee pro Stunde. An Hängen, Hügeln oder Dünen wird die Luft zusätzlich gehoben. Diese Schauer können für Stunden oder sogar Tage andauern.

Je nach Windrichtung bringt dies der einen Seite des Sees kräftige Schauer, während es auf der anderen Seite trocken bleibt. Da die Schauerketten schmal angeordnet sind, kommt nur wenige Kilometer abseits von ihnen keine Schneeflocke vom Himmel.

In diesem Zeitraffervideo ist die scharfe Kante der Schauerlinien am Ufer des Eriesees in den USA gut zu erkennen. Dort, wo es dagegen schneit, herrscht in kurzer Zeit tiefster Winter:

Voraussetzungen für den Lake Effekt

Für den Lake Effekt müssen folgende Bedingungen gegeben sein:

  • Die Luft über dem Boden muss besonders kalt sein.

  • Der Temperaturunterschied vom Boden bis in rund 1,5 Kilometer muss mindestens 15 Grad betragen, damit überhaupt Schneefall erzeugt wird.

  • Der Lake Effekt hält so lange an, wie die großen Temperaturgegensätze zwischen Wasser und Luft bestehen bleiben.

  • Die Luft muss eine beträchtliche Strecke über offenes Wasser zurücklegen - mindestens mehrere Dutzend bis etwa 100 Kilometer. Je länger die Strecke, desto mehr Niederschlag kann der Lake Effekt erzeugen.

  • Die Windrichtung darf sich nur kaum oder gar nicht ändern.

Beträgt der Temperaturunterschied zwischen unten und der mittleren Troposphäre weniger als 15 Grad, kann die warme, mit Wasser beladene Luft nicht hoch und schnell genug aufsteigen, um Schauer zu produzieren. Dann bleibt es trocken. Bei geringen vertikalen Temperaturunterschieden bildet sich nur eine kompakte Wolkendecke, die meist aus einer Stratus-Bewölkung besteht. Diese zähe Bewölkung ist zum Beispiel in den nordöstlichen USA berüchtigt.

Schon gewusst?

Im November 2010 fielen durch den Lake Effekt im Kreis Ostholstein und in Lübeck innerhalb von kurzer Zeit bis zu 76 Zentimeter Neuschnee.

Wo kommt der Lake Effekt vor?

Kalte Winde wehen im Winter in den mittleren Breiten meist aus West/Südwest bis Nordwest. Deshalb gibt es die stärksten Schneefälle an den Nordost- und Südostufern der Seen. Der Lake Effekt kommt hauptsächlich an den Großen Seen im Norden der USA vor, denn die große Ausdehnung der Gewässer bietet ideale Bedingungen.

Auf dem oberen Satellitenbild sind die schmal angeordneten Schauerstraßen am Lake Superior zu erkennen. Diese sind von Nordwest nach Südost ausgerichtet und zeigen so die Windrichtung. Das Südostufer des Sees erreichen die Quellwolken in großer Zahl, denn der Weg vom Nordufer ist lang genug, dass der Wasserdampf auskondensieren kann. Besonders am Südostufer des Sees schneit es dann heftig.

An den Großen Seen ist der Lake Effekt hier besonders stark ausgeprägt:

  • Ostufer Lake Superior, besonders auf der Oberen Halbinsel von Michigan

  • Südosten des Ontariosees

  • Südosten des Eriesees, etwa von Cleveland bis Buffalo

Wie die Schneewolken über die Großen Seen ziehen, zeigt unser WetterRadar von Mitte November 2022:

Lake Effekt in Deutschland

Hierzulande ist der Lake Effekt im Winterhalbjahr manchmal an der Ostsee zu beobachten. Extreme Schneefälle wie im Norden der USA sind jedoch selten. Die Niederschlagsbänder können aber 50 bis 100 Kilometer ins Binnenland hineinreichen und längere Zeit Schnee hinterlassen.

Der Lake Effekt kommt an der Ostsee besonders regelmäßig hier vor:

  • Gebiete in der Lübecker Bucht

  • Ostholstein

  • Flensburger Bucht

  • Rügen und Hiddensee

Schneemasse im Flensburger Zentrum, Autos vom Schnee begraben Anfang März 2018 war die Innenstadt von Flensburg dick eingeschneit. - Bild: André Mackus

Lake Effekt in Europa

An der Ostseeküste kommt der Lake Effekt auch an den Ostküsten Dänemarks und Südschwedens vor, wenn auch seltener als in Deutschland. An den Ostküsten Großbritanniens gibt es ebenfalls den Lake Effekt durch die vergleichsweise warme Nordsee. Dazu muss sich jedoch eine beständige kalte Ostströmung einstellen.

So lösten Ende Februar 2018 eisige Kälte und ein böiger Ostwind heftige Schneeschauer aus. Der späte Wintereinbruch hatte viele Teile Europas fest im Griff. An Ost- und Nordsee kam es sogar zu teils massiven Neuschneemengen und Schneeverwehungen, wie das Video zeigt:

In Richtung Baltikum verläuft die Küste des europäischen Festlands nach Norden. Würde der Wind aus Norden kommen, also vom Bottnischen Meerbusen, könnte der Lake Effekt auftreten. Allerdings sind große Bereiche der östlichen Ostsee im Hochwinter vereist. Dann kann der Wind keinen Wasserdampf aufnehmen.

Schon gewusst?

Im restlichen Skandinavien, in Polen und im Baltischen Raum ist der Lake Effekt so gut wie nie zu beobachten, weil die südliche Ostseeküste parallel zu den östlichen Winden verläuft.

Lake Effekt am Schwarzen Meer

Dunkle Schauerwolken ziehen an der Großstadt Samsun an der türkischen Schwarzmeerküste vorbei Dunkle Schauerwolken ziehen an der Großstadt Samsun an der türkischen Schwarzmeerküste vorbei. In dieser Region tritt der Lake Effekt häufig auf. - Bild: dpa

Kaltlufteinbrüche kommen im südöstlichen Europa regelmäßig im Winter vor. Über dem noch relativ warmen Schwarzen Meer kann die Luft viel Feuchtigkeit aufnehmen. Bei einem nördlichen bis nordöstlichen Wind ist der Lake Effekt vor allem in der Bosporus-Region rund um Istanbul sowie in der westlichen Schwarzmeerregion stark ausgeprägt.

Auch auf der russischen Seite kann der Lake Effekt in Erscheinung treten, wenn ein kalter Wind aus Norden über Südosteuropa durch ein Tiefdruckgebiet über der Ägäis umgelenkt wird und dann aus Südwesten etwa von der Küste der Halbinsel Krim bis nach Georgien auf Land trifft.

So waren Ende Januar in der Region Krasnodar Dörfer und Städte eingeschneit. In der Stadt Tuapse türmte sich der Schnee meterhoch. Die Menschen kämpften sich durch die Schneemassen, wie diese Aufnahmen zeigen:

Extreme Schneefälle bringen Chaos

Der Lake Effekt tritt typischerweise im späten Herbst und in den Wintermonaten auf und kann über 10 Zentimeter Schnee pro Stunde bringen. Hält das Wetterphänomen über mehrere Tage an, können Schneemengen von 1,5 bis 2 Meter zusammenkommen.

So erlebte der US-Bundesstaat New York ein Winterchaos im November 2014: Dort fielen 2 Meter Schnee innerhalb von knapp einer Woche.

Im November 2014 verursachten zu zwei Meter Neuschnee im Norden der USA katastrophale Zustände. Ganze Häuser waren begraben. Im November 2014 verursachten bis zu 2 Meter Neuschnee im Norden der USA katastrophale Zustände. Ganze Häuser waren begraben. - Bild: TWC via Twitter

Berüchtigt ist auch das Tug-Hill-Plateau, das nur wenig weiter östlich am Ufer des Ontariosees ansteigt. Vom See her steigt das Plateau bis auf etwa 600 Meter an und zwingt die warme Luft nach oben.

Dieser orographische Effekt führt dazu, dass es genau dort ergiebig schneien kann. So fielen in der Kleinstadt Montague am 11. und 12. Januar 1997 binnen 24 Stunden insgesamt 196 Zentimeter Schnee, der höchste bisher gemessene Wert.

In Zeitrafferaufnahmen lässt sich der rasche Neuschneezuwachs am besten erkennen. Ende Dezember 2020 waren es in Hamburg in US-Bundesstaat New York rund 60 Zentimeter an nur einem Tag, wie dieses Video beweist. Die Stadt befindet sich in der Nähe der Niagarafälle und grenzt westlich an den Eriesee.

Extreme Ereignisse in Deutschland

Ende November 2010 lösten polare Ostwinde in einigen Küstenbereichen Schleswig-Holsteins starke Schneeschauer aus. Im Kreis Ostholstein summierten sich die Schneehöhen auf bis zu 76 Zentimeter auf. Mehr als 1 Meter wurden durch massive Schneeverwehungen ausgelöst, sodass der Verkehr auf den Straßen zusammenbrach.

Schneemassen in Ostholstein November 2010 - Winterdienst kommt nicht mehr durch. Ende November 2010 waren Winterdienste in Neustadt in Ostholstein überfordert, die Räumfahrzeuge kamen wegen liegen gebliebener Fahrzeuge nicht mehr durch. - Bild: Heinrich Grosskopf

Reichlich Schnee fiel auch im März 2013 im Raum Lübeck. Innerhalb eines Tages wurden örtlich über 50 Zentimeter gemessen. Allein in Hamburg und Schleswig-Holstein wurden mehr als 100 Unfälle registriert, gebietsweise kam der Straßenverkehr sogar zum Erliegen. In den schleswig-holsteinischen Kreisen Plön, Ostholstein und Segeberg sowie im niedersächsischen Kreis Harburg blieben die Schulen geschlossen.

Auch Anfang März 2018 gab es in Schleswig-Holstein durch den Lake Effekt zumindest regional Schneemassen. Besonders heftig traf es Flensburg und die Umgebung. Die Einwohner kämpften mit Schneeverwehungen. Der Verkehr stand still, Fahrzeuge steckten in Schneewehen fest und blockierten Straßen. Der Busverkehr wurde eingestellt und der Unterricht an den Schulen fiel aus. Die Räumfahrzeuge kamen nicht mehr hinterher, die Fahrbahnen von den Schneemassen zu befreien. Im Bahnverkehr fielen zahlreiche Züge aus. Ein Schneezug musste zunächst die Gleise räumen.

Auch in vielen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns gab es massive Probleme. Vor allem an der Ostseeküste und auf Rügen wurde der Schnee mancherorts von kräftigen Böen zu Schneebergen aufgetürmt. Eindrücke von damals zeigen wir im Video:

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