Klimawandel
Wird Klimawandel überschätzt?
Klimatologe rückt von Konsens ab
Für die Fachwelt kam der Schritt überraschend: Einer der renommiertesten Klimaforscher, der ehemalige Direktor des Max-Planck-Institutes für Meteorologie in Hamburg, Lennart Bengtsson, warnt vor übereilten Schlüssen aus der Klimaforschung.
Bengtsson, der im Streit zwischen dem Weltklimarat IPCC und dem Lager der sogenannten "Klimaskeptiker" stets gemäßigte Positionen vertreten hatte, ist dem Akademischen Beirat der Global Warming Policy Foundation (GWPF) beigetreten. Diese steht dem Weltklimarat skeptisch gegenüber. Bengtsson begründet seinen Schritt gegenüber dem SPIEGEL mit der Notwendigkeit, "realistische Möglichkeiten zu erkunden, um die wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen" bei der Lösung der Energie- und Umweltprobleme der Welt anzugehen.
Bengtsson betont, er habe sich selbst nie als Alarmist, sondern stets als Wissenschaftler mit einem kritischen Blick gesehen. Bei allem Respekt, den er der wissenschaftlichen Arbeit hinter den IPCC-Berichten entgegenbringe, halte er es gerade auf einem Gebiet, das so unvollständig verstanden sei wie das Klimasystem, für sinnlos, einen gesellschaftlichen Konsens zu erzwingen. Wichtiger und vor allem vernünftiger für die Politik sei es, die Gesellschaft durch Anpassung auf den Klimawandel vorzubereiten.
Die GWPF, der Bengtsson jetzt beigetreten ist, hat sich zum Ziel gesetzt, Überreaktionen gegen die globale Erwärmung entgegenzuwirken. Sie vertritt die Ansicht, dass der Klimawandel als Problem überschätzt und durch Alarmismus verunsachlicht werde. Erst kürzlich hatten Wissenschaftler des Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung PIK mit einem neuen Klima-Szenario aufgeschreckt: Demnach drohe im Osten der Antarktis langfristig der Kollaps eines gewaltigen Eisschildes mit der Folge, dass der Meeresspiegel um vier Meter ansteigen könnte.