Klimawandel
Taut Grönlands Eisschild ab?
Studie malt Schreckensszenario
Es ist ein wahres Horrorszenario, das Forscher des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Madrid unlängst errechnet und jetzt in einer neuen Studie zum Klimawandel vorgestellt haben: Der Meeresspiegel könnte weltweit um mehr als sechs Meter steigen und den Lebensraum von Millionen Menschen in dicht besiedelten Küstenregionen überfluten. Grund für diese Katastrophe wahrhaft biblischen Ausmaßes sei das bevorstehende, fast vollständige Abschmelzen des über 3000 Meter mächtigen Eispanzers der Arktisinsel Grönland.
Satellitenbild der Eisinsel Grönland am Rande der Arktis
Wie die Forscher erklären, würde es im Falle einer Klimaerwärmung von nur zwei Grad rund 50.000 Jahre, bei ungehemmtem CO2-Eintrag in die Atmosphäre sogar nur etwa 2.000 Jahre dauern, bis der Eisschild Grönlands fast vollständig abgeschmolzen wäre. Gleichzeitig würde der Wasserspiegel der Weltmeere anschwellen, die Küstenlinien meterhoch überfluten und zahllose Metropolen zerstören. Schon eine globale Erwärmung von nur 1,6 Grad überschreite wahrscheinlich den Punkt, der diese Vorgänge unumkehrbar in Gang setze, mahnen die Potsdamer Forscher.
Grönlands Oberflächenrelief ohne die Eiskappe
Ob sich nachfolgende Generationen allerdings wirklich auf ein derart erschreckendes Szenario einstellen müssen, ist ungewiss. Denn trotz aller Fortschritte auf dem Gebiet der Klimaforschung handelt es sich nur um ein Rechenmodell, das vom aktuellen Wissensstand ausgeht. Zwar glauben die Forscher, bei ihren Berechnungen alle klimarelevanten Faktoren berücksichtigt zu haben, doch wie die Geschichte lehrt, hält die Wirklichkeit immer wieder Unwägbarkeiten und Überraschungen bereit, die auch von den besten Modellen nicht vorhersehbar sind.
Gerade bei der Ursachenforschung natürlicher Klimaschwankungen ist unser Wissen nur rudimentär. So stehen etwa Vulkanausbrüche in Verdacht in der Vergangenheit wiederholt dramatische Abkühlungen verursacht zu haben, zuletzt im Mittelalter. Darauf rückten die Gletscher jahrhundertelang vor, erreichten ihre größte Ausdehnung aber erst in der Neuzeit. Auch die auf Basis der Forschung weniger Jahrzehnte nun für Grönlands Gletscher berechnete Gnadenfrist von 2.000 bis 50.000 Jahren ist in geologischen Maßstäben nur ein Wimpernschlag in der Zeit.