Klimawandel
Düstere Zukunft für Milliarden
Studie: Dauerhitze wird häufiger
Zu heiß zum Leben: Das kann in Zukunft immer öfter Realität werden. Davor warnen Forscher. Wenn der Ausstoß der Treibhausgase nicht gebremst wird, könnte in 50 Jahren mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung unter großer Hitze leiden.
Mit dem Klimawandel steigt die Durchschnittstemperatur in einigen Erdteilen deutlich. Das hat gravierende Folgen: In 50 Jahren könnten 3,5 Milliarden Menschen unter großer Hitze leiden. Sie würden in Gebieten leben, in der die jährliche Durchschnittstemperatur mehr als 29 Grad beträgt. Dies berichten Wissenschaftler um Marten Scheffer von der Wageningen University (Niederlande) in einer neuen Studie, die in der Zeitschrift PNAS veröffentlicht wurde.
29 Grad ist die Obergrenze für die sogenannte "ökologische Nische", innerhalb der die meisten Menschen seit 6000 Jahren leben. Diese beschreibt die Gesamtheit aller Umweltbedingungen, die für das Überleben einer Art notwendig sind. Für ihre Analyse blickten die Wissenschaftler in die Vergangenheit. Sie fanden heraus, dass die bevorzugten Siedlungsgebiete einen Höhepunkt der Bevölkerungsdichte in den vergangenen 6000 Jahren bei jährlichen Durchschnittstemperaturen von etwa 11 bis 15 Grad und einen kleineren Höhepunkt bei 20 bis 25 Grad hatten.
Beim Blick in die Zukunft verwendeten die Forscher eine bestimmte Klimaprognose aus dem 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC). Sie geht davon aus, dass sich die Konzentration der Treibhausgase weitgehend ungebremst wie in den vergangenen Jahrzehnten entwickeln wird. Die Temperaturen werden in den verschiedenen Weltregionen entsprechend steigen. In Zukunft müssten immer mehr Menschen Temperaturen aushalten, die außerhalb der "ökologischen Nische" liegen, sofern sie nicht auswandern.
Die Modellrechnungen ergaben, dass sich Gebiete mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von mehr als 29 Grad von jetzt 0,8 Prozent der weltweiten Landfläche bis 2070 auf 19 Prozent ausdehnen werden. Allein in Indien wären mehr als eine Milliarde Menschen davon betroffen, in Nigeria, Pakistan, Indonesien und Sudan jeweils mehr als 100 Millionen Menschen.
Solche Temperaturanstiege bedeuten nicht zwangsläufig, dass die Menschen aus den betroffenen Gebieten auswandern. Denn für Migration gibt es ein komplexes Bündel an Gründen. Allerdings steigt allein dadurch - und jenseits aller anderen Einflussgrößen wie etwa Dürrephasen oder Temperaturempfindlichkeit von Feldfrüchten - die Gefahr für Nahrungsmangel, sagen Experten. Scheffer sieht die Ergebnisse der Studie als Appell an die Weltgemeinschaft an, den Ausstoß an Kohlendioxid rasch zu senken.
Die Informationen dieses Beitrags basieren auf einer Meldung der dpa und einer Veröffentlichung in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America).
(Ein Bericht von Tommy Kühnlein aus der WetterOnline-Redaktion)