Astroinfos - Berichte für Fans der Astronomie
Sturmkönig des Sonnensystems
Das Wetter auf dem Neptun
Der Gasplanet Neptun ist rund 30 mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde und erhält nur noch ein tausendstel von deren Sonneneinstrahlung. Trotzdem toben auf dem Eisriesen die gewaltigsten Stürme unseres Sonnensystems.
Mit bis zu 2100 Kilometer pro Stunde jagt der Wind in der Gashülle des Neptun dahin. Das entspräche auf der Erde fast der doppelten Schallgeschwindigkeit und ist nur möglich, weil es in weiten Teilen der Hochatmosphäre des Gasplaneten kaum Reibung oder störende Turbulenzen gibt. Die Sonnenstrahlung allein wäre als Antriebsmotor allerdings zu schwach um derart hohe Windgeschwindigkeiten hervorzubringen. Wissenschaftler gehen daher davon aus, dass noch andere Vorgänge auf dem Planeten entscheidend zu diesen gewaltigen Stürmen beitragen.
Dabei spielt das Planeteninnere eine maßgebliche Rolle. Denn Neptun ist nach Jupiter der einzige Planet, der mehr Wärme abstrahlt, als er von der Sonne empfängt. Ursache ist Restwärme, die durch radioaktiven Zerfall in Neptuns festem Gesteinskern freigesetzt wird und in der Gashülle mächtige Luftströmungen in Gang setzt. Weil die Jahreszeiten auf Neptun rund 40 Erdenjahre lang dauern, ist zudem genug Zeit, um zwischen der Sommer- und der Winterhalbkugel Temperaturunterschiede von zehn Grad zu erzeugen. Diese beschleunigen den Wind zusätzlich.
Beim Vorbeiflug der NASA-Raumsonde Voyager 2 im August 1989 wurde neben lang gestreckten, hellen Wolkenbändern ein Großer Dunkler Fleck in den Wolken des Planeten entdeckt. Dabei handelte es sich um einen gewaltigen Wirbelsturm, ähnlich dem Großen Roten Fleck auf Jupiter. Doch anders als der Sturm auf Jupiter löste sich der Sturmriese auf Neptun schon nach wenigen Jahren wieder auf. Stattdessen entdeckte das Weltraumteleskop Hubble im Lauf der Jahre immer neue solcher Wirbelstürme, die aber alle nach kurzer Zeit ebenfalls wieder verschwanden.
Neben den gigantischen Stürmen hat Neptun aber noch eine weitere meteorologische Besonderheit zu bieten: Wie schon auf Uranus regnet es wahrscheinlich auch in den eisigen Tiefen seiner Atmosphäre Diamanten. So abenteuerlich es auch klingt, aber Wissenschaftlern ist es gelungen, die hochkomplexen physikalischen und chemischen Verhältnisse im Labor nachzubilden, die in den Atmosphären von Eisriesen wie Neptun und Uranus herrschen. Dabei bildeten sich im Experiment in den nachgestellten Atmosphären bei hohem Druck tatsächlich Diamantkristalle.
Es ist allerdings fraglich, ob es der Forschung in absehbarer Zeit gelingen wird, den Diamantenregen auf den Eisriesen auch vor Ort zu beobachten. Denn die überaus exotischen Prozesse finden nicht nur in vielen Milliarden Kilometer Entfernung, sondern auch noch tief im Inneren der mächtigen Gasplaneten unter gewaltigen Drucklasten statt. Immerhin plant die NASA fürs nächste Jahrzehnt weitere Forschungsmissionen zu den blaugrünen Eisriesen am Rande des Sonnensystems. Man darf gespannt sein, welche Geheimnisse dort noch ihrer Entdeckung harren.
Ein Bericht von Jürgen Vollmer aus der WetterOnline-Redaktion)